Die eigene Größe leben
- Manuel Schönthaler

- 20. Okt.
- 3 Min. Lesezeit
jenseits von Größenwahn und Sich-Klein-Fühlen

Es gibt Zeiten, in denen die Seele beginnt, sich zu regen.
Etwas in uns flüstert:
„Ich bin für mehr hier. Mehr Lebendigkeit. Mehr Wahrheit. Mehr Ausdruck.“
Und gleichzeitig meldet sich die Angst:
„Wenn du dich zeigst, verlierst du vielleicht alles, was dich sicher hält.“
Zwischen diesen beiden inneren Bewegungen – der Sehnsucht nach Entfaltung und der Angst vor Sichtbarkeit – entsteht oft eine tiefe Spannung.
Viele Menschen versuchen, sie zu lösen, indem sie entweder „größer werden, als sie sind“ – oder sich „kleiner machen, als sie wirklich sind“.
Doch beides ist eine Flucht vor der eigentlichen Größe, die nichts mit Ego, Leistung oder Erfolg zu tun hat.
Wahre Größe ist die Fähigkeit, ganz da zu sein – mit allem, was ist.
Vincent van Gogh – das gelebte Dilemma
Vincent van Gogh war ein Mensch, der die Größe seiner Seele kannte, aber sie nicht halten konnte.
Er spürte sie – in seinen Farben, in seinen Bildern, in der Intensität seines Erlebens.
Doch sein Nervensystem, seine Prägungen, seine Lebensumstände konnten diese Weite nicht tragen.
Er war verbunden mit der schöpferischen Quelle, aber getrennt von der inneren Erlaubnis, sie zu verkörpern.
Er brauchte die Bestätigung seines Bruders, um zu überleben.
Und vielleicht war genau das seine größte Wunde:
nicht gesehen zu werden – nicht für das, was er war, sondern nur für das, was er „konnte“.
Was wäre geschehen, wenn van Gogh gelernt hätte, seine eigene Größe zu halten – ohne sie beweisen zu müssen?
Wenn er gewusst hätte, dass Größe nicht entsteht, wenn andere dich sehen, sondern wenn du dich selbst nicht mehr übersiehst?
Das Feld der Selbstwertregulation
In der systemischen Arbeit zeigt sich oft ein kollektives Feld von Selbstwertregulation – ein Überlebensmechanismus, der entweder in Richtung Überhöhung oder in Richtung Selbstverleugnung ausschlägt.
Auf der einen Seite die Überkompensation: das Sich-Größer-Machen, das Streben nach Bedeutung, Anerkennung, Erfolg.
Der Schmerz darunter: die Angst, unbedeutend oder wertlos zu sein.
Auf der anderen Seite die Unterwerfung: das Sich-Kleiner-Machen, um zu gefallen, um nicht verlassen zu werden, um „nicht zu viel“ zu sein.
Der Schmerz darunter: die Angst, ausgeschlossen oder beschämt zu werden.
Beide Bewegungen sind keine Charakterfehler – sie sind Bindungsstrategien.
Versuche des Systems, Zugehörigkeit zu sichern.
Doch sie halten uns in einem ständigen inneren Kampf, in dem wir nie wirklich ankommen.
Die Wahrheit jenseits der Polarität
In einer Themenresonanzarbeit begegnen wir genau diesem Spannungsfeld – nicht mit dem Kopf, sondern im Energiefeld.
Wir betreten einen Raum, in dem die Anteile, die sich gegenseitig blockieren, sichtbar werden dürfen:
Der Anteil, der sich beweisen will.
Der Anteil, der sich schämt.
Der Anteil, der sich zurückhält, um niemanden zu verletzen.
Und der Anteil, der längst weiß, dass er zu Großem bestimmt ist.
Wenn all diese inneren Stimmen in Resonanz treten – nicht gegeneinander, sondern miteinander –, entsteht Heilung.
Denn dann hört das System auf, zu kämpfen.
Dann darf Größe nicht mehr verteidigt oder verdient werden – sie darf einfach sein.
Wahre Größe ist Verkörperung
Wahre Größe bedeutet nicht, über anderen zu stehen.
Sie bedeutet, in sich selbst zu stehen.
Mit all den Anteilen, die dazugehören – den kleinen, den ängstlichen, den mutigen und den wilden.
Größe entsteht, wenn nichts mehr ausgeschlossen wird.
Wenn das Licht der Bewusstheit auf die Schatten fällt – und sie verwandelt.
Vielleicht ist das der Punkt, an dem Vincent van Gogh heute lächelt:
weil wir jetzt das leben dürfen, was er schon ahnte –
dass wahre Größe nicht in Ruhm oder Anerkennung liegt,
sondern im Frieden mit sich selbst.
Einladung in den Raum deiner Größe
Am Donnerstag, den 19:30 Uhr MESZ, öffne ich den Raum für eine Themenresonanzarbeit: “Die eigene Größe leben”.
Wir werden gemeinsam in das Feld eintreten, das uns verbindet – das Feld, in dem persönliche Geschichten sich mit kollektiven Themen verweben.
Du bist eingeladen, dich selbst dort zu begegnen:
nicht als jemand, der etwas werden muss,
sondern als jemand, der sich wieder erinnert, wer er ist.
Wenn du beim Lesen spürst, dass sich in dir etwas bewegt,
vielleicht ein Ziehen in der Brust, ein Druck im Hals, ein leises „Ja“ –
dann ist das bereits der Ruf deiner Seele.
Sie erinnert dich daran, dass deine Größe längst da ist.
Sie wartet nur darauf, dass du sie nicht länger zurückhältst.
Wenn du dich gerufen fühlst, findest du hier alle Infos zur Aufstellungsarbeit.




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